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31. März
Am Nachmittag fahren wir weiter die Straße der Kashbas entlang (das sind Lehmburgen, die früher von den Atlasberbern gebaut wurden) in Richtung Quarzazate.
Es fängt an zu regnen, das hatten wir bisher im Süden Marokkos noch nie erlebt.
Am späten Nachmittag erreichen wir die Oase Tidrheste.
Wo vor 2 Jahren noch eine Piste zur Oase führte ist heute eine neue Asphaltstraße. Neben der Straße werden gerade Strommasten aufgestellt.
Beim Blick auf die Oase sind wir schockiert, wie sich das Bild in den letzten zwei Jahren verändert hat.
Nur an zwei Stellen erkennen wir bebautes, grünes Land, der Rest der Oase ist vertrocknet und die meisten Palmen sind braun und krank.
Wir fahren zum Haus der von Sheik Ahmed Aramja, wo wir schon von der ganzen Familie erwartet werden. Als erstes werden wir in die gute Stube geführt und man reicht uns den landesüblichen Tee. Stefan hat die Ehre, die Teezeremonie durchzuführen.
Ein neues Gesicht sehen wir. Driss, ein Neffe des Sheiks ist extra aus Casablanca angereist, um für uns zu übersetzen, da in der Familie sonst niemand französisch oder englisch spricht.
Er erzählt uns, dass es als ein Zeichen Allahs gedeutet wird, wir sind gekommen und haben den Regen mitgebracht, es hatte hier seit vier Jahren nicht mehr geregnet.
Nach dem Tee richten wir uns im Wohnhaus von Ismail häuslich ein. Er hat uns für die Zeit unserer Anwesenheit sein Haus überlassen, damit wir nicht in den Zelten übernachten müssen.
Zum Abendessen gibt es Tagine aus dem von uns mitgebrachten Gemüse, mit selbstgebackenen Fladenbrot und Hammelfleisch. Für die Vegetarier unter uns wurde eine extra Tagine ohne Fleisch gemacht.
Das Essen einer Tagine ist ein wenig kompliziert für Westeuropäer, es gibt weder Messer noch Gabel, erschwerend hinzu kommt, dass man die linke Hand nicht benutzen darf, weil sie als unrein gilt. Man nimmt ein kleines Stück Brot in die rechte Hand und benutzt es als Greifer, mit dem man sich das Gemüse aus der Tagine fischt. Zuerst wird das Gemüse gegessen und erst dann das Fleisch. Wenn das Fleisch zäh ist hat man ein Problem, weil man zusammenarbeiten muss. Der eine hält das Fleisch, der andere zieht am anderen Ende, um ein Stück abzuziehen. Mit einiger Übung macht dies viel Spaß und ist sehr kommunikativ. Nach dem Essen darf kräftig und laut aufgestoßen werden. Das zeigt den Gastgerber/innen, dass es geschmeckt hat und man nun genug gegessen hat.Mir ist es einmal passiert, dass der Sheik mich höchstpersönlich fütterte, eine besondere Ehre, vom Gastgeber diemaroc 07 größten Leckerbissen in den Mund geschoben zu bekommen. Irgendwann war ich so voll, dass ich glaubte gleich zu platzen und wusste nicht, was ich tun soll. Dann erinnerte ich mich in meiner Verzweiflung an Kara Ben NemsiEffendi, ließ mich zurückfallen, rief laut „Hamdullilah“ und rülpste, dass es nur so eine Freude war. Ob ich mich richtig verhalten habe, weiß ich bis heute nicht, jedenfalls hörte der Sheik auf, mich zu füttern und war zumindest nicht verärgert.
Um acht Uhr abends geht das Licht aus. Hier in der Oase dauert der Sonnenuntergang nur ca. eine Viertelstunde und dann ist es wirklich stockdunkel. Es regnet immer noch und wir brauchen Taschenlampen, um den Weg zu unserem Nachtquartier zu finden.
01. April
Frühstück gibt es im Haus des Sheiks – Fladenbrot mit brauner Butter oder warmem Olivenöl und, selbstverständlich, Tee.
Wir erkundigen uns bei den Oasenbewohnern nach dem Verbleib der zweiten Projektgruppe aus dem Jugendzentrum in Enger, die eine Oase weiter in Tamtadit ein Projekt betreuen. Die Gruppe ist aber noch nicht angekommen. Wir versuchen sie über Handy zu erreichen, bekommen aber nur die Mailbox.
Bei unserem letzten Aufenthalt in der Oase haben wir Gelder zum Bau eines Wasserreservoirs, zum mieten eines Verkaufsladens für Teppiche und zur Anschaffung von Turbinen für die Wasserpumpe hier gelassen, damit das Wasser aus einer größeren Tiefe gefördert werden kann.
Wir schauen uns die Viehställe und die Felder an. Durch die Trockenheit konnte viel weniger angebaut werden, als in den letzten Jahren. Der Dieselpreis in Marokko hat sich erhöht und um die vorhandenen Felder und Pflanzen zu bewässern, musste die Dieselpumpe vier Mal am Tag laufen.
Das Wasserreservoir ist noch nicht fertig, da das Geld knapp wurde, es fehlen noch die Mauern. Das meiste Geld ist für Diesel und die Anschaffung von Schafen für eine neue Zucht verbraucht worden. Ein Ladenlokal in der nächsten größeren Stadt, Quarzazate zu mieten, scheiterte auch an den hohen Mietkosten.
Um die Bewässerung zu gewährleisten, musste die Familie schon einige Schafe verkaufen, damit Diesel für die Pumpe gekauft werden konnte.

Der Sinn des Wasserreservoirs ist es, dass die Dieselpumpe nur noch ein Mal am Tag für ca. 20 Min laufen muss, um es zu füllen. Dann können von dort aus die Felder und Pflanzen bewässert werden. In Zukunft ist dann auch eine sparsame Tröpfchenbewässerung möglich.
Bisher wurde das Wasser von der Pumpe einfach auf angelegte Kanäle im Boden gepumpt und von Hand mit einer Schaufel Dämme geschlossen oder geöffnet, um das Wasser an die richtigen Stellen zu leiten.
Der große Vorteil des Reservoirs besteht darin, Kosten für Diesel und Öl bei der Pumpe einzusparen und das vorhandenen Wasser gezielt und effektiv zu nutzen.
Unser Projektpartner ist Ismail, der dritte Sohn von Sheik Ahmed Aramja. Mit ihm gehen wir durch die Oase und lassen uns über unseren Dolmetscher Driss die Veränderungen in den letzten Jahren erklären.
Die Straße, die zu „unserer“ Oase führt, wir weiter ausgebaut. Geplant ist, bis 2004 die Straße durch dem Atlas bis auf die andere Seite fertig zu stellen. Dies wird gewaltige Auswirkung auf die an dieser Straße wohnenden Bewohner haben.
Wenn diese Straße erst fertig ist, wird sie die Hauptverbindungsader vom Süden in den Norden Marokkos sein.
Bisher muss man über zwei Bergpässe fahren, um über den Atlas nach Marrakesch zu gelangen. Der Weg dauert mit dem Auto ca. 4 Stunden. Auf der neuen Straße kann man Marrakesch in 2 Stunden erreichen. Außerdem verlässt die neue Straße den Atlmaroc 08as im Norden sehr zentral, so das auch Fez und Meknes leicht erreichbar sein werden.
Es werden in Zukunft alle Touristen, die von Quarzazate zurück in den Norden wollen, an der Oase vorbeifahren und das sind nicht wenige.Die Familie des Sheiks hat aus diesem Grund genau an dieser Straße ein Stück Land erworben (30 x 30 Meter), um dort in Zukunft ein Geschäft zu eröffnen.
Dort können Teppiche aus eigener Produktion an Interessenten verkauft werden.
In einem ersten Schritt soll das Geschäft gebaut werden. Nach und nach ist geplant, einen Garten anzulegen, der sich in der Mitte des Hauses befindet. Drumherum befinden sich der Verkaufs- und Ausstellungsraum, ein Restaurant, Toiletten, Werkstätten in denen Teppiche hergestellt werden, eine Küche und ein Ruheraum für die Arbeiterinnen.
Die Teppiche werden im Moment noch im ehemaligen Schlafzimmer in der Kashba des Sheiks hergestellt. Wir besichtigen gemeinsam diesen Raum und sehen, wie viel Arbeit es ist, einen Teppich zu knüpfen.
Um einen Teppich von der Größe von 1,5 x 3 Metern herzustellen, arbeiten 3 Frauen ca. drei Wochen.
Die Teppiche werden inzwischen, dank unserer Spendengelder, komplett in eigener Produktion hergestellt. Von der Schafzucht über das scheren, waschen, färben und spinnen der Wolle bis hin zum fertigen Teppich, bleibt alles in einer Hand.
Die bereits fertiggestellten Teppiche werden im Empfangsraum ausgestellt und können dort von Touristen, die sich aber bisher eher zufällig in die Oase verirren, erworben werden.
Im weiteren Gespräch mit Ismail erfahren wir, dass die letzten Jahre sehr hart waren und dass viele Familien wegen der lang anhaltenden Trockenheit die Oase verlassen mussten. Aber jetzt sei mit uns der lang ersehnte Regen gekommen und auch im Hohen Atlas sei so viel Schnee gefallen, dass die Wasserversorgung für die nächsten zwei Monate gesichert sei. Es bestehe also die Hoffnung, dass einige Familien in ihre Heimat zurückkehren, um einen Neuanfang zu wagen.
Einen Nachteil habe der Regen aber mit sich gebracht. Die Straße nach Quarzazate sei im Moment nicht passierbar, da sie durch die Wassermassen weggespült wurde.
So erfuhren wir also, dass wir in der Oase festsaßen. Sonst sind wir täglich nach Quarzazate gefahren, um auf dem Campingplatz zu duschen und vor allen Dingen, um unsere eigenen Wasserkanister in der Stadt wieder aufzufüllen. Wir haben das immer gemacht, um mit unserer Gruppe nicht auch noch das wenige vorhandene Wasser der Oase zu verbrauchen.
Also hieß es für uns, mit Wasser zu haushalten und auf die Dusche zu verzichten. Da es sowieso ungewöhnlich kalt war und immer noch regnete, fiel uns das nicht sonderlich schwer. Bei früheren Projekten war es fast unerträglich heiß in der Oase und der Staub setzte sich in jede Pore am Körper, so dass man sich auch direkt nach einer Dusche schon wieder staubig und matt fühlte.
Zum Mittagessen gibt es wieder Tagine. Das sind wir nicht gewohnt. Auf unseren Fahrten essen wir in der Regel morgens und abends einmal. Zwischendurch versorgen wir uns mit Broten. Früher hatten wir es in der Oase auch so gehalten, dass wir nur morgens und abends aßen, aber man nötigte uns, dies zu ändern, denn wir bräuchten schließlich unsere Kraft für den Rest unserer Reise.
Am Nachmittag haben wir mit Ismail und Driss zusammen gesessen und beraten, wie unser Projekt weitergehen soll.

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