Aufgrund dieser Informationen ist unsere Absicht, die restlichen 1.000,00 € an Hassan zu übergeben, geplatzt. Wir brauchen einen neuen Plan und holten auf der Stelle alle Leute zusammen, um die neue Situation zu beraten.
Wir sind uns schnell einig, das Geld nicht an Hassan zu übergeben. Der neue Gedanke ist, mit unserem Geld die Schule in Tidrheste zu unterstützen. Nur, dort fehlt uns ein kompetenter Ansprechpartner. Die Lehrer sind zwar alle sehr nett, aber auch alle nur zeitweise (für 2 Jahre) an der Schule angestellt, so etwas wie einen Schulleiter oder Ähnliches gibt es offensichtlich nicht.
Die Schule in Tidrheste ist vergleichbar mit unserer Grund- bzw. Hauptschule. Die Kinder aus der Region (ca. 200 Kinder im Alter von 6 – 14 Jahren) besuchen diese Schule.
Eine weiterführende Schule zu besuchen ist teuer, Schulgeld und Busticket, sowie Arbeitsmaterialien kosten pro Kind ca. 30,00 € im Monat.
Wir entschließen uns, die 1.000,00 € an Sheik Ahmed Aramja zu übergeben, der das Geld nach bestem Wissen und Gewissen an die Schule, oder auch an einzelne Schülern/innen weitergeben kann.
Der Sheik ist ein von der gesamten Region (hier: Ait Ougrour) auf Lebenszeit gewähltes Oberhaupt. Zu seinen Aufgaben zählt unter anderem, Richter bei Streitigkeiten zu sein, d.h. die Leute aus der Region kommen mit ihren Streitigkeiten an einem Tag in der Woche zum Sheik, der dann ein Urteil spricht, an den sich die Parteien zu halten haben. Die gesprochenen Urteile schreibt der Sheik nieder und reicht sie bei der nächsten Polizeistation im Ort Ghessette ein.
Wenn der Sheik stirbt, wird sein Nachfolger aus allen Bewohnern des Ait Ougrour neu gewählt. Der Sheik besitzt hohes Ansehen in der Region und besonders Sheik Aramja wird aufgrund seines Alters und seiner Weisheit hoch geschätzt und verehrt.Sheik Aramja hat mir seinen Pass gezeigt, in dem sein geschätztes Geburtsjahr 1927 ist.
03. AprilNach einer kurzen Nacht frühstücken wir im Haus des Sheiks und fragen noch einmal nach, ob unsere Absicht, dem Sheik Geld für die Schule zu übergeben eine gute Idee ist. Uns wird mehrfach versichert, dass der Sheik sicherlich sorgsam und weise mit den Projektmitteln umgehen wird.
Um 10.00 Uhr treffen wir Hassan an der Schule in Tidrheste und teilen ihm mit, dass sich die Projektgruppe für ein anderes Projekt entschieden hat und in diesem Jahr kein Geld für den Bau von Sanitäranlagen zur Verfügung stellen wird.
Hassan reagiert etwas verärgert und berichtet über drei weitere Projekte, die er uns anbietet. Es geht dabei um den Bau von Brunnen, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für alleinerziehende Frauen und die Kultivierung von Brachland. Wir erklären, dass unsere Projektmittel leider sehr beschränkt sind und, wenn er uns schriftlich Projektvorschläge nach Deutschland schickt, wir Gruppen suchen werden, die sich dieser Projekte annehmen.
Dann tauschen wir noch die Adressen aus und machen uns auf den Rückweg in die Oase.
Es heißt Abschied nehmen. Es gibt noch einmal eine Tagine und wir übergeben Sheik Aramja die 1.000,00 € für die Schule
Wir bedanken uns für die empfangene Gastfreundschaft, die liebevolle Betreuung und haben viele Hände zu schütteln, ehe wir weiterfahren können.
Unser heutiges Ziel ist Marrakesch.
Wir fahren nicht nur nach Marokko um dort ein Projekt zu machen, sondern auch und vor allem das Land zu sehen und Urlaub zu machen. Die Fahrt nach Marrakesch führt über den Tizn Tichka und den Tizn Taddert zwei Pässe über den Atlas die Temperatur fällt im Gebirge um ca. 20° Grad.
Oben im Städtchen Taddert machen wir eine Pause.
Taddert ist ein Bergdörfchen im hohen Atlas und besteht fast nur aus Restaurants, Cafes und kleinen Geschäften die versuchen, Geschäfte mit Touristen zu machen. Die Gegend ist karg und kalt, die Menschen sind sehr arm. 1983 haben wir von den Bewohnern Hammelhörner geschenkt bekommen und wir wurden sehr verwundert angeschaut, das wir Interesse an diesen Hörnern hatten. Heute kann man in jedem zweiten Geschäft an der Straße solche Hörner für harte Dirhams erstehen.
Wir erreichen Marrakesch am Abend und überfallen als erstes den großen Supermarkt an der Ausfahrtstraße Richtung Casablanca. Der Campingplatz in Marrakesch liegt ca. 20 Km außerhalb der Stadt. Wieder werden wir vom Pächter des Campingplatzes als alte Bekannte begrüßt. Auch der Besitzer des Spirituosengeschäftes auf dem Campingplatz erkennt uns wieder und wittert ein gutes Geschäft. Es regnet mal wieder und ist ziemlich kalt und wir gehen bald ins Bett. Am nächsten Tag steht der Besuch von Marrakesch auf dem Programm.
04. April
Die Sonne scheint wieder. Marrakesch ist ein Muss für alle Marokkofahrer: die engen Souks, das Treiben in den Strassen, die Gerüche und Eindrücke, der Dshemma el Fnah mit seinen Hunderten von Orangenständen, dann am Abend, wenn die Restaurants ihre Grillöfen anwerfen und der Geruch und der Qualm von Gebratenem wie eine Glocke über dem Platz hängt. Die Trommeln, die Farben, die Geschichtenerzähler, Schreiber und Schlangenbeschwörer, die Wasserträger in ihren grellbunten Gewändern, die sich für einige Dirham fotografieren lassen - Marrakesch ist immer wieder ein Erlebnis.
Wir teilen uns auf, um unsere Fahrzeuge nicht unbewacht zu lassen und fahren in Gruppen mit dem Taxi nach Marrakesch und stürzen uns in das bunte Treiben. Der Tag geht schnell vorbei und endet erst spät in der Nacht.
Projektbericht 2002
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